Vor drei Jahren hatte Curt Davies von der Universität von Missouri in Columbia im südlichen Teil des grönländischen Eisschildes dramatische Veränderungen in der Höhe des Eises festgestellt. In weiteren Untersuchungen hat Davies mit Kollegen jetzt herausgefunden, dass diese Veränderungen von natürlichen Klimaschwankungen verursacht wurden.
„Als wir unsere Originaldaten veröffentlichten, waren sie zum Teil widersprüchlich“, sagt Davies. „Unsere Daten zeigten, dass das Eisschild im Durchschnitt an Höhe zulegte, aber wir fanden starke Schwankungen innerhalb kurzer Entfernungen, in manchen Gebieten bedeutende Zunahmen, in anderen starke Ausdünnungen.“
In seiner ursprünglichen Analyse hatte Davies nur einen Zeitraum von 10 Jahren beobachtet. Damals hatte er die Höhe der Eisoberfläche von Satelliten aus vermessen. Die jetzige Untersuchung war wesentlich aufwendiger. Diesmal interessierte ihn die Schneefallmenge pro Jahr. Dazu führte er mit seinen Kollegen an 12 Plätzen im südlichen Eisschild – alle über 2000 Meter hoch gelegen – Bohrungen durch und untersuchte die Eisbohrkerne. „Die Analyse von Eisbohrkernen ähnelt dem Studium von Baumringen“, erklärt Davies. „So wie der Abstand zwischen zwei Baumringen für das Baumwachstum in einem bestimmten Jahr steht, zeigt uns die Eismenge zwischen bestimmten Schichten den Eiszuwachs in einem Jahr.“
Die 14 bis 122 Meter tiefen Bohrkerne lieferten den Wissenschaftlern Informationen aus mehreren Jahrzehnten. Das jüngste Jahrzehnt konnte mit Davies früheren Erkenntnissen über die Höhenschwankungen an den verschiedenen Plätzen verglichen werden. Die Ergebnisse waren schlüssig: Dort, wo die Eishöhe zugenommen hatte, war viel Schnee gefallen, wo sie abgenommen hatte, wenig. Interessant war dann der Vergleich mit der Schneefallmenge der weiter zurückliegenden Jahrzehnte: Während die ersten zehn Jahre an bestimmten Orten den Schluss auf eine kontinuierliche Zu- oder Abnahme der Schneefallmenge nahe legte, entpuppte sich dies über einen längeren Zeitraum betrachtet als Zufallsschwankung.
Eine NASA-Studie unterstützt Davies Ergebnis, dass das Eisschild in Höhen über 2000 Meter relativ stabil ist. Gleichzeitig zeigt sie aber, dass der Eisschild weiter unten an den Rändern dramatisch schmilzt. Dessen ist Davies sich bewusst: „Auch wenn sich in den höheren Regionen des Grönlandeises keine Veränderungen zeigen, die auf eine Klimaerwärmung hindeuten, muss die dramatische Ausdünnung an den Rändern weiter untersucht werden. Wir müssen herausfinden, ob sie einen Beitrag zum zukünftigen Anstieg des Meeresspiegels liefern wird.“
Quelle: Axel Tillemans und Newswise, Meldung vom 29.08.2000