Zum Inhalt springen

Wohnumfeld: Ein paar Verbesserungsvorschläge von Christopher Alexander

Zu der Frage, wie das optimale Wohnumfeld aussähe, hat eine Gruppe von Stadtplanern, Architekten, Philosophen unter Leitung von Christopher Alexander vor über 30 Jahren ein wundervolles Buch herausgebracht: A Pattern Language.

„Alexanders A Pattern Language ist wahrscheinlich das bedeutendste und wichtigste Buch über Architektur und Planung, das in diesem Jahrhundert erschienen ist. Jede Bibliothek, jede Schule, jede Umweltschutzgruppe, jeder Architekt und jeder Student sollte ein Exemplar besitzen.“ (Tony Ward, Architectural Design)

Das Buch ist in Deutschland mit dem Titel Eine Muster-Sprache herausgegeben worden, hat 1200 Seiten.

Die Verkehrsplanung und das Wohnumfeld nehmen den größten Raum in diesem Werk ein. Einige Überschriften:
Maschennetz von Landstraßen – Lokalverkehrszonen – Ringstraßen – Netz der Nahversorgung – Mini-Busse – Neun Prozent Parkplätze – Promenade – Einkaufsstraße – Grüne Straßen – Netz von Fuß- und Fahrwegen – Erhöhter Gehweg – Radwege und Ständer – Tanzen auf der Straße – Schlafen in der Öffentlichkeit – Fußgängerstraßen – Positiver Außenraum – Kinder in der Stadt – Zone vor dem Eingang …
Wenn man da durch ist, bleibt keine Frage hinsichtlich der optimalen Gestaltung des Wohnumfelds mehr offen – bis auf die eine: Warum lesen Politiker nicht?

Hier ein paar Zitate:

„Die Leute werden sich in Einzelhäusern nicht wohlfühlen, wenn nicht mehrere Häuser eine GRUPPE bilden und der öffentliche Grund dazwischen nicht allen Eigentümern gemeinsam gehört …
Ordne die Häuser in groben, aber identifizierbaren Gruppen von 8 bis 12 Haushalten an, jeweils um eine Gemeinschaftsfläche oder einen Weg. Leg die Gruppen so an, dass jeder durchgehen kann, ohne sich als Eindringling zu fühlen“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 37)

„Menschen brauchen eine identifizierbare räumliche Einheit, zu der sie gehören. … Hilf den Leuten beim Festlegen der NACHBARSCHAFTEN, in denen sie leben – höchstens 300 m im Durchmesser mit höchstens 400 oder 500 Einwohnern…“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 14)

„Ohne Gemeinschaftsflächen kann kein soziales System überleben …

Widme mindestens 25 Prozent der Bodenfläche einer Hausgruppe als Gemeinschaftsfläche, die unmittelbar an die zugehörigen Wohnungen angrenzt oder wirklich ganz in der Nähe ist.
Ganz wichtig: Sei vorsichtig mit den Autos; sie dürfen diese Flächen auf keinen Fall beherrschen
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 67)

„Kinder brauchen andere Kinder. Aufgrund mancher Erkenntnisse kann man sogar annehmen, dass sie andere Kinder mehr brauchen als die eigenen Mütter…

Eine typische vorstädtische Parzellierung mit privaten Grundstücken entlang einer Straße sperrt die Kinder fast in ihre Häuser ein.

Eltern fürchten den Verkehr oder die Nachbarn und halten die Kinder im Haus oder im eigenen Garten: So machen die Kinder nie genug Zufallsbekanntschaften mit anderen Kindern ihres Alters, durch die sich jene Gruppen bilden könnten, die für eine gesunde emotionale Entwicklung wesentlich sind“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 68)

„Wenn Kinder während der ersten fünf Lebensjahre nicht genug mit anderen Kindern spielen, besteht eine größere Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen in ihrem späteren Leben.“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 68)

„Leg Gemeinschaftsflächen, Wege, Gärten und Brücken so an, dass Gruppen von mindestens 64 Haushalten durch einen Landstreifen ohne Straßenquerung verbunden sind.
Definiere dieses Land als den ZUSAMMENHÄNGENDEN SPIELRAUM für die Kinder dieser Haushalte“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 68)

„Wenn es Kindern nicht möglich ist, die gesamte Erwachsenenwelt um sie herum zu erforschen, können sie nicht erwachsen werden. Moderne Städte sind jedoch so gefährlich, dass man Kindern nicht erlauben kann, sie frei zu erforschen.“
(Christopher Alexander: Eine Mustersprache – Muster 68)

Weitere Beispiele:

Kleine Plätze (Kap. 61)

Eine Stadt braucht öffentliche Plätze; sie sind die größten und „öffentlichsten“ Räume, die sie hat. Aber wenn sie zu groß sind, schauen sie verlassen aus und sind es auch.

Mach einen öffentlichen Platz viel kleiner als man sich zunächst vorstellt; gewöhnlich nicht mehr als 15-18 m breit, auf keinen Fall mehr als 21 m. Das gilt allerdings nur für die Breite, in der Länge kann er sicher größer sein.

Öffentliches Zimmer im Freien (Kap. 69)

Entlang der Straßen moderner Städte und Wohnviertel gibt es wenige Stellen, an denen man sich angenehmerweise stundenlang herumtreiben kann.

Vor allem in modernen Wohnbauprojekten fehlen solche Räume. Wenn Gemeinschaftsräume innerhalb der Bebauung vorgesehen sind, werden sie selten benutzt. Die Leute wollen sich nicht in eine Situation stürzen, die sie nicht kennen. In einem geschlossenen Raum entsteht eine zu intime Beziehung, als dass sich ein zufälliges und vorübergehendes Interesse allmählich aufbauen kann.

In jeder Nachbarschaft und jeder Gemeinschaft von Arbeitsstätten mach einen Teil der Gemeinschaftsfläche zu einem Zimmer im Freien — einem teilweise umschlossenen Platz, teilweise überdacht, mit Säulen, ohne Wände, vielleicht mit einem Spalier; leg ihn an einen wichtigen Weg und in Sichtweite vieler Wohnungen und Werkstätten

Hierarchie von Außenräumen (Kap. 114)

Im Freien suchen Menschen immer eine Stelle,wo ihr Rücken geschützt ist, und von der sie – über den unmittelbar vor ihnen liegenden Bereich hinweg – ins Freie hinausblicken können.

Kurz gesagt, die Leute setzen sich nicht mit dem Gesicht zu einer Ziegelmauer; sie nehmen einen Platz in Richtung der Aussicht ein oder was immer in der Entfernung vor ihnen liegt und einer Aussicht am nächsten kommt.

Gemeinschaftsbereiche in der Mitte (Kap. 129)

Keine soziale Gruppe – ob Familie, Arbeits- oder Schulgruppe – kann ohne ständigen informellen Kontakt untereinander überleben.

Schaff einen einzelnen Gemeinschaftsbereich für jede soziale Gruppe. Leg ihn am gemeinsamen Schwerpunkt aller Räume, die die Gruppe einnimmt, an und zwar so, dass die aus dem Haus und in das Haus führenden Wege tangential daran vorbeiführen.

Gemeinsames Essen (Kap. 147)

Ohne gemeinsames Essen fällt jede Gruppe von Menschen auseinander.

Sieh für jede Einrichtung und jede soziale Gruppe einen Platz vor, wo die Leute gemeinsam essen können. Mach aus der gemeinsamen Mahlzeit eine regelmäßige Einrichtung. Führ vor allem an jeder Arbeitsstätte ein gemeinsames Mittagessen ein, so dass die gemeinsame Mahlzeit um einen gemeinsamen Tisch herum(nicht aus Schachteln, Automaten oder Tü- ten) zu einem wichtigen, gemütlichen und täglich stattfindenden Ereignis wird, das auch eingeladenen Gästen offensteht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert