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Das Haus im deutschen Aberglauben

    Das „Haus“ im Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens

    „Das Haus und sein Besitzer stehen im Volksbewusstsein in engster Verbindung“, so beginnt der Artikel zum Begriff „Haus“ im Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. Viele alte Sprichwörter sind Zeugnis für diese Bindung. Die eine oder andere Volksweisheit kommt Ihnen bestimmt bekannt vor!

    Das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: eine Fundgrube

    Wer wissen will, welche Volksweisheiten zum Beispiel zum Haus oder auch zu anderen Begriffen wie „Holunder“, „Apfel“ oder zum Wetter im deutschen Sprachraum überliefert sind, der zieht am besten das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zu Rate. Das Lexikon gilt als das umfassendste Standardwerk zur Tradition der deutschen Volksweisheiten.

    Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatten die beiden Schweizer Volkskundler Hanns Bächtold-Stäubli und Eduard Hoffmann-Krayer die Idee zu einer solch umfangreichen Kompilation, die es bis dahin in dieser Form noch nicht gegeben hatte. Die Umsetzung dieses außergewöhnlichen Vorhabens dauerte mehrere Jahrzehnte, so dass die einzelnen Bände des Handwörterbuchs des deutschen Aberglaubens letztendlich zwischen 1927 und 1942 veröffentlicht wurden. Die Mühe hat sich gelohnt: Herausgekommen ist ein Nachschlagewerk mit etwa 2500 Stichwörtern von A wie „Aal“ bis Z wie „Zwerge“. Damit man sich in den insgesamt zehn Bänden nicht verliert, gibt es ein Sachregister, in dem man die Themen nachschlagen kann.

    Zuvor hatten Forscher um die beiden Schweizer Herausgeber zehn Jahre lang die volkskundliche Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts gewälzt und über 600.000 Belege gesammelt, sortiert und ausgewertet. Es ging ihnen zunächst darum, die bis dahin in zahllosen, oft seltenen und entlegenen Publikationen zerstreuten Materialen über die einzelnen abergläubischen Überlieferungen zusammenzufassen und mit Literaturangaben zu belegen.

    Vor allem aber wollten sie die Geschichte der einzelnen abergläubischen Erscheinungen erzählen und deren Ursprung und Sinn deuten. Dafür ziehen die Forscher bei ihren Analysen Erklärungen aus so unterschiedlichen Themengebieten wie Naturwissenschaften und Mythologie oder Medizin und Symbolik heran. Darüber hinaus bietet das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens die Möglichkeit, die Verbreitung einzelner Volksweisheiten auch geografisch zu verfolgen. Das ist sehr spannend, denn es kommt nicht selten vor, dass sich eine Volksweisheit in den einzelnen Regionen völlig unterschiedlich entwickelt.

    Grundsätzlich unterscheiden die Macher drei Artikelarten: Zum einen den Spezialartikel, der einen speziellen Gegenstand, wie zum Beispiel das Messer, die Brennnessel oder das Haus, in allen möglichen Aberglaubens-Äußerungen darstellt. Dann gibt es den Sammelartikel, der ganze Gruppen von Objekten zusammenfasst wie Fische oder Pflanzen, und schließlich den allgemeinen Artikel, der meist abstrakte Begriffe behandelt, wie zum Beispiel „Abwehrzauber“.

    Im Jahr 2000, über sieben Jahrzehnte nach Erscheinen des ersten Bandes, hat der Verlag Walter de Gruyter das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zum dritten Mal neu aufgelegt. Es umfasst immer noch zehn Bände und der Inhalt ist identisch mit dem des Originals. Ursprünglich wollten die Herausgeber ihren Fachkollegen die Forschung durch ein umfassendes Nachschlagewerk erleichtern. Doch inzwischen dient das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens nicht nur der Wissenschaft, denn es ist für all diejenigen, die sich für volkskundliche Überlieferungen interessieren, eine wahre Fundgrube.

    Das Haus – Schutz und Geborgenheit

    Das Stichwort „Haus“ im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zeigt, dass es einen über Jahrhunderte gewachsenen Zusammenhang zwischen Haus und Mensch gibt. Auf rund fünf Spalten werden die verschiedenen Vorstellungswelten und Glaubenssätze zum Stichwort Haus beschrieben. Hinzu kommen noch Eintragungen zu Stichwörtern rund um das Thema Haus, wie zum Beispiel der Begriff „Hausbau“. Die vielen Einträge zeigen, dass es eine ganz besondere Bindung zwischen den Menschen und einer ihrer Ur-Sehnsüchte, dem Haus, gibt.

    Den Spezialartikel zum Begriff „Haus“ findet man im dritten der insgesamt zehn Bände des Handwörterbuchs des deutschen Aberglaubens. Das Haus wird hier als „der wichtigste Schauplatz des menschlichen Erlebens“ bezeichnet. Die Autoren schreiben, dass die Glaubensvorstellungen, die sich mit dem Haus verknüpfen, einen tiefen Einblick in die menschliche Seele und die Geschichte des Menschen gäben. Und weiter heißt es in der allgemeinen Einführung zum Begriff: „In den zahllosen Schutzmaßnahmen gegen dämonische Angriffe spiegelt sich der schwere Kampf, den der Mensch in alter Zeit gegen die Naturgewalten zu führen hatte. Allmählich wird das Gefühl, das Haus verleihe Schutz, immer stärker.“ Das Haus, so ist es seit Jahrhunderten überliefert, wird im deutschen Aberglauben als der Zufluchtsort des Menschen gesehen; das Haus steht für Schutz und Geborgenheit. Um es etwa vor bösen Geistern zu beschützen wird empfohlen, einen magischen Kreis ums Haus zu ziehen, dazu reicht es, einmal drumherum zu laufen. Ein grüner Zweig an Fronleichnam oder Pfingsten soll aber auch helfen.

    Die Aberglaubens-Motive sind nach Themen geordnet: Die einzelnen Gebiete heißen zum Beispiel „Schutz des Hauses“, „Spukhäuser“, „Hausbewohner“ oder „Kauf und Verkauf“. In der Rubrik „Spukhäuser“ findet man zum Beispiel den Volksglauben, dass leer stehende Häuser meist wegen eines Spuks verlassen worden seien. Jeder weiß, dass das, was man in der ersten Nacht im neuen Haus träumt, wahr wird. Aber wissen Sie denn, was es bedeutet, ein Haus im Traum hell brennen zu sehen? In der Rubrik „Orakel“ gibt’s die Auflösung. Viel Spaß beim Nachlesen!

    Via www.planet-wissen.de vom 14.09.2004