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Flächenverbrauch: Neue Siedlungen und Verkehr fressen täglich 117 Hektar Natur

    Neue Siedlungen und Verkehrsflächen fressen in Deutschland täglich 117 Hektar unberührte Natur. Das entspricht etwa 160 Fußballfeldern.

    Wiesbaden/Berlin (dpa) – Allerdings wird der Hunger der Städte kleiner: Erstmals seit Beginn der gesamtdeutschen Erhebung 1993 wuchs im Jahr 2001 der Flächenverbrauch langsamer als in den Vorjahren. Zwischen 1997 und 2000 lag der Zuwachs noch bei 129 Hektar pro Tag, wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte.

    Umweltschützer hoffen, dass damit die angestrebte Trendwende eingeleitet ist. Denn dass immer mehr Landschaft verschwindet, während Städte wachsen, bringt ökologische Probleme. «Die Überschwemmungen der vergangenen Jahre haben auch etwas mit Flächenverbrauch zu tun», sagt Siegfried Bauer, Professor für Regionalplanung an der Universität Gießen und zugleich Sprecher des Arbeitskreises «Zukunftsfähige Raumnutzung» des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND).

    Weil die Temperatur in Städten immer um einige Grad höher liege als in der freien Natur, spiele der Flächenverbrauch auch bei der globalen Erwärmung eine Rolle. Zudem schrumpfe der Lebensraum für Pflanzen und Tiere. «Die Ausdehnung der Siedlungsflächen und die Zerschneidung der Landschaft gehören weiterhin zu den größten Gefährdungsfaktoren für Mensch und Natur», sagt der Präsident des Naturschutzbundes NABU, Olaf Tschimpke.

    Nach Angaben des Bundesamtes wurden 2001 zusammengerechnet 428 Quadratkilometer Fläche neu bebaut. Das entspricht in etwa der Fläche von Köln oder der Hälfte Berlins. Die Statistiker machen die schwache Konjunktur für das Abbremsen verantwortlich – dadurch wurde weniger in neue Bauvorhaben investiert. DESTATIS geht auch für 2002 davon aus, dass der Flächenverbrauch sich nicht weiter beschleunigt. Gegenwärtig sind 12,4 Prozent der Fläche der Bundesrepublik bebaut.

    7,6 Prozent der Gesamtfläche des Landes sind mit Siedlungen bedeckt, hat DESTATIS errechnet. Dass diese Flächen bislang immer schneller wuchsen, lag nicht an einer größer werdenden, sondern an einer anspruchsvolleren Gesellschaft: Vor 50 Jahren hatte jeder Durchschnittsbürger 15 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung, heute sind es 42. Auch ein Einkaufszentrum braucht mehr Fläche als drei Tante-Emma-Läden.

    Mehr Siedlungen ziehen mehr Verkehr nach sich. Die «Allianz pro Schiene» hat errechnet, dass die Summe aller Verkehrsflächen mit 17.200 Quadratkilometern größer ist als das Land Thüringen. 4,8 Prozent Deutschlands sind laut DESTATIS dem Verkehr gewidmet. Damit schneide das Land im internationalen Vergleich schlecht ab, sagt die Allianz und macht dafür den «ungezügelte Straßenbau» verantwortlich. Jede Straße verbrauche vier Mal mehr Fläche als ein Schienenweg.

    Das Bundesumweltministerium nannte die Entwicklung «einen Schritt in die richtige Richtung». Es gab aber zugleich zu, dass der Rückgang des Landverbrauchs vor allem der Konjunkturdelle zu verdanken ist. Die Trendwende sei noch nicht gesichert. Dabei peilt die Bundesregierung in ihrer im April 2002 beschlossenen «Nachhaltigkeits-Strategie» die Absenkung des täglichen Flächenverbrauchs auf 30 Hektar bis 2020 an. Ein ehrgeiziges Ziel, das Fachmann Bauer «nicht sehr realistisch» findet. Bisher habe die Regierung zumindest nichts dafür getan, dieses Ziel zu erreichen.

    Zumindest die Grünen in Berlin wollen das Thema jetzt anpacken. Das Umweltministerium kündigte am Mittwoch «wirksame Maßnahmen» an. Dazu zählt das Streichen der Eigenheimzulage und die Halbierung der Kilometerpauschale. «Die Zersiedelung der Landschaft darf nicht länger belohnt werden.» Ins gleiche Horn stößt der stellvertretende Fraktionsvorsitzender der grünen Bundestagsfraktion, Reinhard Loske: «Wenn wir Hochwasserkatastrophen verhindern wollen, müssen wir dem Flächenverbrauch Einhalt gebieten.»

    Von Sandra Trauner, dpa

    Quelle: www.vistaverde.de/news/Natur/0307/30_flaechenverbrauch.htm