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Plastik aus Pflanzen – Blühende Felder statt fossile Brennstoffe?

    Von der Milchflasche bis zur Kleidung – überall bestimmt Plastik unseren Alltag. Weltweit verbraucht die Produktion von Plastik pro Jahr ungefähr 270 Millionen Tonnen Öl und Gas. Das sind ca. 10% des globalen Erdölverbrauchs die restlichen 90% verbrauchen Autos, Jets und Kraftwerke.

    Erdöl liefert nicht nur den Rohstoff für Plastik, sondern auch die Energie zu seiner Herstellung. Nun ist aber ein Ende absehbar. Die globalen Ölreserven werden in den nächsten 80 Jahren versiegen. Manche Experten meinen, es würde nur halb so lang dauern. Der ökonomische Zusammenbruch wird jedenfalls viel früher eintreten: Sinkende Ressourcen lassen die Preise steigen! Erste Anzeichnen merken wir jetzt schon.

    Die großen Chemie-Konzerne sind bereits auf der Suche nach Auswegen. Besonders forciert wird die Produktion von Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen: Anstelle von Erdöl soll in Zukunft das Plastik auf pflanzlicher Basis hergestellt werden. Die Werbestrategen der Agro-Industrie vermitteln uns bereits das ökologische Ideal von Kunststoffen, die auf unseren Äckern wachsen: Blühende Felder statt fossile Brennstoffe!

    Kann der Kunststoff aus Pflanzen die geweckten Versprechen aber auch einlösen? Eine Antwort auf diese Frage kann nur ein Vergleich der Energiebilanzen geben. Bei einer ganzheitlichen Energiebilanz wird ein Produkt „von der Wiege bis zur Bahre“ untersucht. Das heißt: Von der Gewinnung des Rohstoffes bis zur Entsorgung wird der Energieverbrauch zusammengerechnet. Bei nachwachsenden Rohstoffen muss der Energieeinsatz beim Anbau (unter Berücksichtigung der Düngung sowie des Pflanzenschutzes), bei der Ernte sowie bei der Trocknung und der Erzeugung des Harzes (Reinigung, Extraktion, Mischung) erfasst werden.

    Die Biotechnologie kann gegenwärtig auf drei verschiedene Arten Kunststoff erzeugen:
    • Kunststoff aus Pflanzenstärke (Zucker)
    • Kunststoff mit Hilfe von Mikroorganismen
    • Kunststoff direkt aus Pflanzen (z.B. aus gentechnisch manipuliertem Mais)

    In einer Veröffentlichung von scientific american hat man die Energiebilanz der unterschiedlichen „Anbauarten“ verglichen. Die Ergebnisse wären erstaunlich: Ein Kilo Kunststoff hergestellt aus genmanipulierten Pflanzen wie z.B. Mais benötigt 2,65 kg Erdöl. Zur Produktion der gleichen Menge Polyethylen braucht man dagegen mit 0,9 kg Erdöl nur ein Drittel!

    Bei Polyethylen wird 40% des Erdöls für die Produktion verbraucht. 1,3 kg Erdöl sind im Polyethylen-Endprodukt „zwischengespeichert“ und kann durch Recycling oder Verbrennung wiederverwertet werden. Selbst wenn man beide Faktoren – die Produktion mit 0,9 kg und den Erdölgehalt im Kunststoff-Produkt mit 1,3 kg – zusammengerechnet stecken nur 2,2 kg Erdöl im Polyethylen.

    Auch die energetisch günstigste Variante, Kunststoff aus Pflanzenstärke – durch Vergärung von Zucker ist noch deutlich energieintensiver als die meisten petrochemischen Prozesse. Auch mit modernsten Methoden verbraucht Plastik aus Pflanzenstärke pro Kilo 1,65 kg Erdöl. Das ist knapp doppelt soviel wie man für die Erzeugung von Polyethylen benötigt. Nur bei Nylon verschlingt Kunststoff aus Pflanzenstärke 40% weniger Erdöl. Aufgrund des hohen Energieeinsatzes in der Produktion steigen bei Kunststoff aus Pflanzen die Treibhausgas-Emissionen. Bis auf den biologischen Abbau bietet daher Kunststoff aus Pflanzen keinen ökologischen Vorteil.

    Nur Plastik aus Pflanzenstärke kommt mit einem halbwegs vernünftigen Energieeinsatz aus und hat eine Chance in diesem Punkt wettkampffähig zu werden. Kunststoff aus Pflanzenstärke hat nicht nur einen relativ geringeren Energieverbrauch sondern auch einen hohen Umwandlungsfaktor, da beinahe 80% Prozent von jedem Kilo Pflanzenzucker zu Plastik umgewandelt werden können.

    Aber trotz der Vorteile von Plastik aus Pflanzenstärke gegenüber den anderen pflanzenbasierenden Kunststoffen wird seine Produktion mehr Treibhausgase ausstoßen als viele seiner petrochemischen Gegenstücke.

    Ein möglicher Ausweg aus dem Energiedilemma wäre die Kunststoffproduktion mit Hilfe erneuerbarer Energie. Zum Beispiel könnte das Pflanzenmaterial, welches bei der Plastikproduktion anfällt, als wertvolle Biomasse zur Erzeugung von Elektrizität und Dampf das zusätzliche Energieaufkommen aufbringen. Das Verbrennen von Biomasse gibt nur soviel CO2 ab, wie in den Jahren zuvor für das Wachstum aus der Atmosphäre entnommen wurde. Aus demselben Grund steigert Kunststoff aus Pflanzen den CO2-Gehalt nicht, wenn er nach dem Gebrauch verrottet.

    Im theoretischen Szenario erhält aus der anfallenden Biomasse mehr Elektrizität als zur Erzeugung von Kunststoff aus Pflanzenstärke nötig ist. So könnte man die gesamten Treibhausgasemissionen reduzieren und gleichzeitig wertvollen Kunststoff produzieren.

    Doch so schlüssig dieser Zusammenhang auf den ersten Blick wirken mag, sollte doch die prinzipielle Frage gestellt werden: „Warum Erneuerbare Energie für einen Prozess einsetzen, der von Natur aus mehr Energie benötigt als Plastik aus Erdöl?“ Wäre es nicht besser, Plastik weiterhin aus Erdöl zu gewinnen und die erneuerbaren Energien bevorzugt z.B. für die Wärmeversorgung von Haushalten einzusetzen?

    Ein weiteres Problem stellt die Konkurrenz der erneuerbaren Energien zur Nahrungsmittelversorgung dar. Wieviel Ackerland bleibt für Nahrungsmittel noch übrig, wenn der Weg zur Nachhaltigkeit über nachwachsende Rohstoffe führen soll? Biodiesel aus Raps, Plastik aus Getreide, Strom aus Biomasse alles in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Diese Art von Landwirtschaft steht auch in Konfrontation mit der biologischen Landwirtschaft, die durch Verzicht von Düngemittel und Futtermittelzukauf die Klimaschützer Nummer eins ist: Sie spart gegenüber der konventionellen Landwirtschaft 66% der Energie ein.

    Aus der Sicht des Klimaschutzes, vor dem Hintergrund des Energieverbrauchs und den Grundsätzen des biologischen Landbaus ist „Kunststoff aus Pflanzen“ abzulehnen. Der Vergleich macht uns sicher: mit „grünem“ Plastik ist man auf dem Holzweg!

    Quelle: PRESSEAUSSENDUNG von KLIMABÜNDNIS KÄRNTEN – Klimabündnis Koordinationsstelle Kärnten, Mag. Christian Salmhofer, Melanie Sopper, Mag. AndreasStrasser, Rathausgasse 2 / A-9500 VILLACH, ( : 04242 / 24617-2 oder 0699-10976125, Fax: 04242 / 24617-4, e-mail: kaernten@klimabuendnis.at, homepage: www.klimabuendnis.at

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