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AgV warnt vor „einlullender“ Fertighauswerbung

    Verbraucherschützer kritisieren unzureichenden Wettbewerb bei Häusern „von der Stange“

    Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) hat am Mittwoch alle Bauinteressenten davor gewarnt, die Entscheidung für ein Fertighaus als Schlüssel für komplikationsloses und damit sorgenfreies Bauen zu betrachten. Die vereinbarten Festpreise würden nicht selten bis zu 30 Prozent überschritten und führten zu einer entsprechenden Überschuldung der Käufer.

    Die Fertighausbranche, die bei Neubauten in Westdeutschland nur einen Marktanteil von knapp 8 Prozent erreicht, errichtet in den neuen Bundesländern inzwischen jedes vierte Einfamilienhaus. Allein 1994 nahmen die Umsätze der großen Herstellerfirmen um 20 Prozent auf rund 4 Milliarden DM zu. Nach Darstellung der Verbraucherverbände lassen sich potentielle Käufer von Fertighäusern nur allzu leicht von den Herstellern und deren Hochglanzkatalogen „einlullen“. Kurze Bauzeiten, kalkulierbare Kosten und schlüsselfertige Errichtung durch einen einzigen Unternehmer wirkten auf viele Interessenten wie eine Zauberformel.

    Die AgV sieht insbesondere zwei latente Gefahren beim Fertighauskauf. So würden einerseits Fertighäuser zu schnell und zu unbedacht „wie Pullover im Versandhaus“ gekauft, zumal es dabei keiner notariellen Beurkundung bedürfe. Andererseits führe die schnelle Realisierungsmöglichkeit dazu, daß meist nicht das Ansparen, sondern die Verschuldung am Anfang einer Kaufentscheidung stehe. Das Zusammentreffen beider Faktoren werde auch dadurch begünstigt, daß beim Fertighauskauf kein Architekt zur Ermittlung der voraussichtlichen Kosten eingeschaltet werde.

    Als Fazit einer eigenen Studie über den Fertighausmarkt bemängelt die AgV insbesondere die mangelnde Transparenz und den unzureichenden Wettbewerb in diesem Segment der Baubranche. Kostensparendes Bauen beginne beim Preis-Leistungs-Vergleich und dieser sei beim Fertighauskauf nicht zu realisieren.

    Wenn der Bundesbauminister eine Verbesserung dieser Situation auf seinen Fahnen geschrieben habe, dann müsse er zunächst den Wettbewerb unter den Herstellern fördern und dafür die rechtlichen Grundlagen schaffen. So sei künftig per Verordnung genau festzuschreiben, welche inhaltlichen Angaben zu Baustoffen, Bauteilen und Gewerken ein Kaufvertrag enthalten müsse. Da die meisten Bauschäden frühestens nach zwei Jahren sichtbar würden, plädiert die AgV für eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren.

    Außerdem seien die Zahlungsbedingungen der Anbieter viel zu allgemein gefaßt. Ein ganz besonderer Etikettenschwindel wird nach Einschätzung der Verbraucherorganisation mit dem Begriff „Niedrigenergiehaus“ betrieben. Außerdem müsse der Verordnungsgeber Kriterien zur Beurteilung der Innenraumluft entwickeln, denn diese habe grundsätzlich frei von Ausdünstungen aus Bauteilen und Ausstattungsmaterialien zu sein.

    Quelle: Süddeutsche Zeitung 27.04.1995

    Checkliste für Fertighaus-Käufer

    1. Überprüfen sie die Seriosität des Herstellers.
    2. Vergleichen Sie die Preise mehrerer Anbieter.
    3. Lassen sie sich alle Bauleistungen genau auflisten.
    4. Vereinbaren sie feste Liefertermine.
    5. Die besonderen Ausstattungswünsche sollten vor oder bei Vertragsabschluss erfolgen und in den Vertrag mit aufgenommen werden.
    6. Lassen sie die standardisierte Bau- und Leistungsbeschreibung an Ihr zukünftiges Haus anpassen.
    7. Fragen sie nach besonderen Gewährleistungskriterien, die über die VOB hinausgehen.
    8. Vereinbaren sie Zahlungen entsprechend dem Baufortschritt und Wertzuwachs.
    9. Prüfen sie vorab die günstigsten Angebote für Zahlungsverpflichtungen.
    10. Bauen sie gesundheitlich unbedenklich, umweltfreundlich und energiesparend; Holz als natürlich nachwachsender Rohstoff garantiert ihnen dies.
    11. Lassen sie sich den zu erwartenden Energieverbrauch für ihr Haus ausrechnen.

    Diese Checkliste ist ein Service des Bundesverbandes deutscher Fertigbau (BDF). Verbraucherverbände empfehlen, die genannten Punkte mit äußerster Sorgfalt zu beachten.

    Weitere Informationen erhalten sie vom BDF (Tel. 0130/112361), Postfach 1380, 53583 Bad Honnef

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