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Die globale Klimaerwärmung und ihre Folgen – Wie in Bayern das Wetter wird

    Prognosen sind zwar nicht dramatisch, doch Schutz der Umwelt ist zu empfehlen

    Wie wird sich die globale Klimaerwärmung bis zur Mitte des Jahrhunderts in Bayern auswirken? Dazu hat zwischen 1990 und 1998 der „Bayerische Klimaverbund“ (BayFORKLIM) aus Universitätsinstituten, Großforschungseinrichtungen und Fachbehörden für 32,4 Millionen Mark in fast hundert Einzeluntersuchungen Szenarien und Voraussagen entwickelt.

    Auf der physikalisch-mathematischen Basis eines grobmaschigen globalen Klimamodells wurde ein fein auflösendes Regionalmodell geschaffen, das sehr detaillierte Aussagen innerhalb Bayerns zulässt. Dabei ging es nicht um natürliche Klimaänderungen, die sich nicht voraussagen lassen, sondern nur um den anthropogenen, den menschengemachten Anteil am Wandel, der „nicht mehr zu übersehen“ ist „und aller Voraussicht nach im 21. Jahrhundert noch deutlicher hervortreten“ wird, heißt es in der Zusammenfassung des BayFORKLIM–Berichts.

    Die Frage lautete: Wie werden sich bei einer angenommenen Verdoppelung des CO2-Gehalts der Luft bis 2050 oder 2070 und der daraus für das südliche Europa zu erwartenden durchschnittlichen Klimaerwärmung um 1 bis 1,8 Grad Wälder und Landwirtschaften, Pflanzen- und Tierpopulationen verändern?

    Die Auswirkungen werden „regional erstaunlich differenziert“ ausfallen. Die Sommer werden in Nordbayern mit Ausnahmen der westlichen Oberpfalz nur wenig wärmer werden als bisher, im Bodenseegebiet wird die mittlere Jahrestemperatur aber um sechs Grad steigen. Die Temperaturerhöhung findet vor allem im Sommer statt. Im Allgäu und in Schwaben wird es im Winter mehr Niederschläge geben, im Sommer weniger als bisher. Im Winter sind mehr Hochwasser zu erwarten, im Sommer längere Trockenperioden. Trockener wird es über den ganzen Jahresverlauf im Bayerischen Wald und in Franken.

    Die Sonnenstrahlung hat schon während der letzten drei Jahrzehnte abgenommen. Weil die Bevölkerung zugenommen hat und mehr Aerosolteilchen aus Zivilisationsprozessen – Verkehr, Industrie, Hausbrand etc. – die Atmosphäre trüben. Daran wird sich wenig ändern. Auch wenn es bei starker Sonneneinstrahlung und viel Autoverkehr in Bodennähe gefährliche Ozon-Konzentrationen gibt, wurde der Ozon-Gesamtgehalt der Atmosphäre in Bayern seit 1967 um 15 Prozent vermindert, eine Folge der Ozonzerstörung in der Stratosphäre durch die FCKW aus Spraydosen. Deshalb kann nur mehr energiereiche UV-Strahlung zur Erdoberfläche durchdringen. Die hohen UV-Strahlungswerte im Winter und Frühling werden auch dann noch für mehrere Jahrzehnte anhalten, wenn die internationalen Abkommen gegen die weitere Verwendung der FCKW eingehalten werden.

    Deshalb hat das Unternehmen BayFORKLIM die Auswirkungen verstärkter UV-Strahlung auf Pflanzen, Tiere und Menschen untersucht. Die Befürchtungen, sie könnten einschneidend sein, scheinen sich beim gegenwärtigen Stand der Dinge nicht zu bewahrheiten. Pflanzen sind, wie alle Organismen, zwar mehr oder weniger empfindlich, sie verfügen aber über Schutzmechanismen gegen verstärkte UV-Strahlung und können Schäden in den Zellen reparieren, sofern der damit verbundene Stress nicht zu groß wird.

    So hat sich „ergeben, dass eine Erhöhung der UV-Strahlung selbst im Rahmen eines äußerst pessimistischen Szenarios generell nicht zu deutlichen Änderungen der Biomasseproduktion beziehungsweise des Ernteertrags führen wird“. Dennoch könnten aus manchen Ökosystemen empfindliche Arten verschwinden, robustere einwandern.

    Das gilt auch für aquatische Ökosysteme, in Bayern also für Flüsse und Seen. Hier können die Planktonorganismen, die für die Biomasseproduktion am Beginn der Nahrungskette sorgen, dank ihrer Beweglichkeit in trübere Schichten abtauchen, wohin die UV-Strahlung nicht durchdringt. Manche Kleinkrebse – volkstümlich Wasserflöhe – entwickeln darüber hinaus eine dunkle Pigmentierung, die sie vor Strahlung schützt, sie allerdings auch den jagenden Fischen verrät.

    Für Menschen bedeutet die intensivere UV-Strahlung bekanntlich ein höheres Risiko, am gefährlichen schwarzen Hautkrebs Melanom zu erkranken. Sonnenbrände, besonders bei Kindern, seien zu vermeiden und exzessive Sonnenbäder von Erwachsenen tunlichst zu unterlassen, rät der BayFORMKLIM-Bericht, auch wenn ein vorbeugender Sonnenschutz durch Präparate aus den Vitaminen C und E in Zukunft möglich erscheint.

    Buche wird begünstigt

    Die bayerischen Wälder werden sich weder durch die UV-Strahlung noch durch höhere Durchschnittstemperaturen wesentlich verändern. Wenn es wärmer wird, wandert die Baumgrenze im Gebirge 50 bis 100 Meter nach oben.

    Vor allem die Buche wird begünstigt auf Kosten der Fichte und vor allem der Tanne. Wo es trockener wird, an Südhängen in den Alpen und insgesamt in Nordbayern, wird die Kiefer weiter an Boden gewinnen. Doch diese Veränderungen werden – außer in den Nationalparks – allemal durch forstwirtschaftliche Eingriffe überlagert – oder durch Wildverbiss. Zum Teil würden sie auch dem forstpolitischen Ziel der Waldumwandlung hin zu höherem Laubholzanteil entsprechen.

    Auch wenn die Trendprognosen nicht dramatisch sind und selbstverständlich mit Unsicherheiten behaftet, so enthalten sie doch eine deutliche Warnung: Die lebenserhaltende Lufthülle der Erde ist dünn, das Klima ist empfindlich und das Wetter launisch.

    Ein weiterer ungehemmter Missbrauch von Erde, Meer und Luft als Kläranlagen und Abfalldeponien empfiehlt sich nicht.

    Quelle: Christian Schütze, Süddeutsche Zeitung, 17.08.2000

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