Da nützen auch die besten Stoßdämpfer nichts mehr: Verlassen Sie als Autofahrer die Autobahn oder eine andere Hauptverkehrsstraße, geht das Geholper los. Schlaglöcher verwandeln vielerorts die Fahrbahndecken in eine Mondlandschaft.
Von bequemen Reisen kann bei solchen Straßenverhältnissen selbst in Luxuslimousinen keine Rede mehr sein. Der Grund: Obwohl die Steuern für Autos und Benzin noch nie so hoch waren, fließt immer weniger Geld in den Straßenbau. Kommt es aber wegen Straßenschäden zu Verletzungen, haften die Städte und Gemeinden nur noch selten für den entstandenen Schaden. Vor allem bei Unfällen von Fußgängern.
Straßen sind nämlich nicht für Fußgänger, sondern ausschließlich für Fahrzeuge da. Diese Lehre musste eine Frau in Nordrhein-Westfalen aus einem Gerichtsprozess ziehen, den sie kürzlich vor dem Oberlandesgericht Hamm verlor. Die Westfälin war aus einer Kneipe kommend auf dem Weg zu ihrem auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkten Auto nachts in ein Schlagloch in der Straße getreten. Den Schaden am Straßenbelag bemerkte sie erst, als sie umknickte und einen stechenden Schmerz im Unterschenkel spürte. Schnell war der Frau klar, dass diese Verletzung mit kalten Umschlägen allein nicht mehr aus der Welt geschafft werden konnte.
Schlagloch übersehen: Stadt haftet nicht für offenen Bruch des Unterschenkels
Dieser Verdacht bestätigte sich, als die Ärzte einen offenen Bruch des Unterschenkels feststellten. Mehr als 6.000 € musste die Westfälin in der Folge für die medizinischen Behandlungen ausgeben. Geld, das sie von der Stadt zurück haben wollte, denn schließlich trage die Kommune die Verantwortung für den schlechten Zustand der Straßen. Außerdem hatte sie wochenlang Qualen und Schmerzen gelitten, wofür die Frau zusätzlich mindestens 8.000 € Schmerzensgeld haben wollte. Am Ende bekam sie nichts.
Nach Auffassung der westfälischen Richter treffe die Städte und Gemeinden zwar eine Verkehrssicherungspflicht, auf Grund derer sie für einen gefahrlosen Zustand der Straßen Sorge tragen müsse. Diese Pflicht lege einer Kommune auch die Verantwortung dafür auf, dass der Straßenbelag in einem Zustand sei, der keine Gefahr für deren Benutzer darstelle. Allerdings stellte sich die Richter auch die Frage, ob die Städte und Gemeinden diese Pflicht auch bei Fußgängern treffe, die die Straße nur überquerten.
Die klare Antwort auf diese Frage gab sich das Gericht gleich selbst: Nein! Kommunen seien im Hinblick auf Fußgänger nur verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bürgersteige gefahrlos benutzt werden könnten. Die Fahrbahn hingegen müsse sich nur an den Anforderungen ausrichten, für deren Zweck sie bestimmt sei. Eine Fahrbahn sei eindeutig für Autos und nicht für Fußgänger gedacht. Ein Schlagloch stelle für einen Autofahrer aber noch keine Gefahr dar, so dass die Stadt die rissige Fahrbahndecke noch nicht erneuern musste. Deswegen müsse die Stadt grundsätzlich auch nicht für Verletzungen aufkommen, die sich Fußgänger beim Überqueren einer schadhaften Straße zuziehen würden.
Oberlandesgericht Hamm; Aktenzeichen: 9 U 208/03
Quelle: Verlag fuer die Deutsche Wirtschaft AG